Cardiff Reisebericht

Cardiff ist die Hauptstadt von Wales und liegt im südwestlichen Großbritannien (Achtung: nicht England!). Die über 300.000 Einwohner zählende Stadt ist mit Abstand eine der interessantesten Städte im gesamten Vereinigten Königreich und vielleicht sogar weltweit. Hier prallen Gegensätze aufeinander und scheinen sich doch zu einem überhaus interessanten Gesamtbild zu ergänzen. Doch: warum ist da so? Was macht Cardiff so interessant? Dieser Reisebericht versorgt Sie mit einigen Informationen über Sachverhalte, die wir in einer ausführlichen Städtereise dokumentieren konnten.

Verkehrsanbindung

Die Anreise erfolgt eigentlich ganz einfach per Flugzeug. Die Flughäfen Cardiff und Bristol sind schnell erreichbar. Wir mussten aber sehr schnell entscheiden, ob wir die Reise antreten und so hatten wir auch nur sehr wenig Zeit für die Planung. Vom schönen Münsterland aus kamen nur sehr wenige Flughäfen und Fluggesellschaften infrage – viele Routen waren auch selbst bei umliegenden Fluhäfen schon gnadenlos ausgebucht. Wir flogen daher von Köln Bonn nach London Stansted und fuhren den Rest mit dem Zug. Auf dem Rückweg haben wir uns sogar eine Runde durch London mit der U-Bahn gegönnt, was mit vollem Reisegepäck ein wahres Erlebnis ist! 🙂 Auch wenn An- und Abreise sehr lange gedauert haben, war es dies auf jeden Fall wert. Vom Zug aus sieht man ja auch viele unterschiedliche Landschaften – und ein Mal von Ost-Großbritannien in den Westen zu fahren ist auch lustig. Sofern aber irgendwie möglich, können wir nur jedem raten, direkt nach Cardiff oder Bristol zu fliegen. Das spart jede Menge Zeit und Stress – aber man sieht eben auch längst nicht soviel vom eigentlichen Land. Wenn man dann noch den Weg als das Ziel sieht, dann bereut man mit Sicherheit auch den ein oder anderen (integrierbaren) Zwischenstop in entlegeneren Gebieten Großbritanniens. Alles in allem: Cardiff ist top zu erreichen. Ob mit dem Flugzeug, mit dem Auto oder auch mit dem Zug – man ist sehr schnell dort und auch schnell in der City.

Hotels

Es gibt eine Vielzahl von Hotels, die besonders empfehlenswert sind. Im Rahmen dieses Reiseberichts fallen einige Namen – aber die Stadt selbst erlaubt es nicht, innerhalb eines relativ kurzen Aufenthaltes alle Hotels zu checken – dafür sind es einfach viel zu viele! Wir können nur empfehlen, unbedingt ein Hotel in der Innenstadt zu buchen, wenn man viel von der Stadt sehen möchte und auch party-technisch unterwegs sein will. Sofern man seine Ruhe haben möchte, aber dafür den Nachteil der nicht vorhandenen oder verringerten Flexibilität inkauf nehmen möchte, der kann auch im Umland wunderschön und deutlich günstiger unterkommen. Cardiff hat in Bezug auf Hotels Preise wie jede andere (Landes-)Hauptstadt auch! Außerdem sollte man darauf achten, dass das Frühstück bereits im Zimmerpreis enthalten ist. Dieses kann in besseren Hotels gerne mal um die 15 Pfund oder mehr (!) kosten, wenn man es nachträglich zusätzlich bucht. Außerdem sollte man überdenken, ob man W-LAN oder LAN im Hotel benötigt. Falls ja, dann schadet auch hier die Nachfrage nach den Kosten nicht. Im Holiday Inn Cardiff City Centre haben wir ganze 15 Pfund pro Tag gezahlt. Schlimm, wenn man ohne Web nicht auskommt – in Anbetracht der Tatsache, dass ich diesen Bericht aber gerade aus Cardiff schreibe, relativiert sich diese Investition aber wieder :-).

Walisisches Umland

Da wäre natürlich das walisische Umland zu nennen. Wales ist einer der (meiner Meinung nach) interessantesten Plätze in Großbritannien. Die abwechslungsreiche Landschaft mit den typischen pittoresken Landstrichen – von Mooren, Feldern und dem Landleben dominiert – wird durch zahlreiche Herrenhäuser, Burgen durchsetzt und mündet im Westen direkt an den Atlantik. Die Küste ist mit ihren bizarr schroffen Feldformationen besonders interessant und kann einen in Verbindung mit dem teilweise üblichen Nebel ganz schnell in vergangene Jahrhunderte portieren so scheint es.

Walisische Spache

Das ganz besondere walisische Flair macht sich natürlich auch durch die walisische Sprache bemerkbar. Schilder sind grundsätzlich zweisprachig, Städtenamen sowieso und selbstverständlich auch Anzeigen. Auch, wenn nur die aller wenigsten Waliser die Landessprache wirklich beherrschen (so auf jeden Fall unser Eindruck und das Feedback walisischer Freunde) gehört dies hier zur Tradition. In Cardiff spricht man in der Mittel- und Oberschicht – aber auch in weiten Teilen der Unterschicht ein besonders verständliches Englisch. Doch diese Aussage ist nur relativiert, denn es gibt in jeder Bevölkerungsgruppe Leute, die den Cardiff’schen Akzent verinnerlicht haben. Dieser klingt ein wenig amerikanisiert und führt zu einer (für unsere Ohren) undeutlicheren Aussprache einige Silben. Nach 1,2 Tagen hat man sich aber problemlos daran gewöhnt. Der Akzent hört sich auch sehr angenehm an, so dass wir auf jeden Fall keinerlei Verständnisprobleme hatten – im Gegenteil: das Englisch war im Großen und Ganzen mehr als nur überdurchschnittlich gut. Im Hinterland wird die Aussprache dann aber wieder etwas komplizierter – aber auch hier kamen wir mit unserem (seit Jahren kaum erweiterten) Leistungskurs-Englisch-Kenntnissen problemlos durch und konnten jede Situation meistern. Selbst Business-Meetings waren kein Problem.

Architektur

Die Hauptstadt von Wales ist mit Sicherheit eine der Städte mit der interessantesten Architektur. Egal, wohin man schaut: man findet immer ein besonders ansprechendes architektonisches Meisterwerk oder besonders pittoreske Bauwerke. Architekten und Designer werden hier wohl kaum die hoffentlich mitgebrachte Digitalkamera aus der Hand legen – dafür ist das alles viel zu „rund“ auch oder gerade weil es große Gegensätze zwischen der Architektur gibt. Die Altstadt im Viktorianischen Stil wird durch Straßenzüge und einzelne Gebäude unterbrochen, die moderner kaum sein könnten, durch Industrieanlagen eingegrenzt, die die Stadt dominieren, durch Lager- und Geschäftshäuser aus dem frühen 20. Jahrhundert abgerundet und durch moderne Prachtbauten flankiert. Apropos Prachtbauten. Wer wirklich was fürs Auge haben möchte, der sollte unbedingt die Cardiff Bay besuchen. Dieses Szeneviertel hat eine uralte Tradition und ist bereits mehrere 100 Jahre alt. Hier landeten Schiffe, wurde Kohle verladen und von hier fuhren auch viele Schiffe gen Amerika. Die Bay-Area wurde in den letzten Jahren komplett saniert und ist nun wirklich „in“. Hier treffen sich viele unterschiedliche Leute – vorwiegend aus der Mittel- und Oberschicht und genießen das Leben in einem der zahlreichen Restaurants oder in einer besonders exklusiven und teuren Lounge. Hier gibt es alles. Von uralten Gebäuden, die das Viertel rundum eingrenzen, über ein Luxushotel direkt am Meer, über den walisischen Landtag mit seiner eindrucksvollen Architektur, über 30 Meter hohe Wassersäulen, Wunschbrunnen, Karussells bis hin zu super stylischen Restaurants. Vom typisch britischen Pub über ein American Diner, ein französisches Restaurant, eine chinesische Lounge bis hin zu besonders eindrucksvollen Luxuskneipen findet man hier wirklich alle Formen der Szenelokale. Diskotheken konnten wir aber keine in der näheren Umgebung finden – das ist eigentlich auch ganz gut so :-). Wirklich ein wunderschönes Viertel.

Sehenswürdigkeiten

Cardiff bietet eine Vielzahl an Sehenswürdigkeiten. Besonders interessant ist das sog. Cardiff Castle. Ein Schloss, das mitten in der Stadt liegt. Es liegt – wer hätte das gedacht – stilecht in der „Castle Street“. In der direkten Umgebung sind zwei Hotels der gehobenen Klasse zu finden: das Angels Hotel und das Holiday Inn Cardiff City Centre. Beide Hotels liegen praktisch gegenüber des Schlosses. Das Holiday Inn etwas weiter entfernt als das Angels (dadurch hat man aber einen besseren Blick auf die Gesamtanlage!) – aber direkten Blick hat man bei beiden Hotels nur von ein paar Zimmern. Nämlich von denen, die direkt auf die Castle-Street zeigen. Sofern man also ideal untergebracht sein möchte und das altenglische Flair dieses Märchenschlosses bereits beim Aufwachen genießen wollen, sollten dies bereits bei der Hotel-Reservierung angeben. Das Cardiff Castle ist ein weit mehr als 1000 Jahre altes Schloss mit einer Vielzahl von TÃœrmen, Gebäuden und kombinierten Baustilen. Es entstand so im Laufe der Jahrhunderte ein beeindruckendes, majestätisches Gebäude, das seinesgleichen sucht. Eigentlich die ideale Filmkulisse. Zudem verfügt es über eine weitläufige Parkanlage, die von einer Mauer umgeben ist, die mit steinernen Gargoyles besetzt das Anwesen bewachen soll. Der Park wird aber Abends geschlossen: also früh kommen! Auch eine Schlossbesichtigung ist sicherlich interessant. Bei den gesalzenen Preisen von ca. 7 GBP pro Erwachsenem sollte man aber schon ein paar Pfund in der Tasche haben. Eine Familie lässt schnell um die 20 Pfund an Eintritt liegen – je nach Alter und Anzahl der Kinder. Aber trotzdem: es ist jeden Cent wert. Die Schlossführung ist ein ganz besonderes, einmaliges Erlebnis, das man nie wieder vergessen wird. Um dem Ganzen nicht zuviel vorweg zu nehmen: es gibt nur sehr wenige Schlösser, die heute noch so feudal und original eingerichtet sind. Keiner der Teilnehmer hat sich im Nachhinein über den Eintritt beklagt und das will was heißen!

Szene

Die Szene in Cardiff ist besonders gut ausgeprägt. Ein Wochenende oder sogar ein Wochentag ohne ein aufsehenerregendes Ereignis ist hier fast undenkbar. So wird in Cardiff sogar ein ganzer Abschnitt der City gesperrt, wenn die Clubs und Diskotheken am Wochenende ihre Pforten öffnen. Dann sind innerhalb von Stunden mehrere zigtausend Menschen auf den Straßen, die Party-Szene Cardiffs. Es geht dann „richtig ab“. Tausende drängen in die Clubs, Discos und Lounges – aber auch in die Restaurants für die Cardiff besonders bekannt ist. Das Fazit ist dann eine überaus fidele Menschenmenge, viele Meter lange Schlangen vor den Clubs und sicher auch die ein oder andere Auseinandersetzung – das gehört hier schon zum guten Ton; meist arten diese Aktionen aber nicht aus (!). Die Polizei beobachtet das Ganze gelassen – so haben wir auf viele tausend Partygänger lediglich 2 Polizisten ausmachen können, die sich lächelnd aber aufmerksam den Weg durch das Gedränge gebahnt haben – aber trotzdem nie eingreifen mussten. Derartige Aktionen erlebt man hier öfter – insbesondere auch in der Stadt Newport in der die Umgangsformen etwas rauher zu sein schienen. Nichtsdestotrotz ist auch in Newport die Szene weit ausgeprägt. In Cardiff, der Stadt, die wohl mehr Szeneviertel hat als manche Metropole, ist natürlich immer etwas los. Besonders auffällig ist, dass viele junge Frauen besonders leicht bekleidet unterwegs sind – nur um dann im Club gut auszusehen. So kommt es selbst im Winter (!) vor, dass Röcke und Tops getragen werden- bauchfreie Oberteile sind auch keine Seltenheit. Durchweg scheint hier jeder seinen eigenen Stil zu haben – so koexistieren hier viele Geschmacksgruppen ohne, dass es zu Problemen kommt.

Als Deutscher in Wales

Im Artikel über Torbay hatte ich von vielen negativen Erfahrungen berichtet, die ich während meines Aufenthaltes dort verbuchen musste. Da Wales und South-Devon nicht weit auseinander liegen, hat es uns gefreut, dass diese Form von Agression in Cardiff eigentlich nicht vorhanden war. Dies düfte der Multi-Kulti-Gesellschaft zu verdanken sein – hierdurch ist man in Cardiff deutlich lockerer. In Newport haben wir aber innerhalb von nur einem Abend 2 schlechte Erfahrungen gemacht – so wurden einige Einheimische direkt agressiv, als sie bemerkten, dass wir aus Deutschland kommen. Desweiteren flog einem von uns ein unidentifizierbarer Gegenstand ins Gesicht – mitten in einem Club. Unsere walisischen Begleiter sorgten aber immer dafür, dass nichts passierte. Zur Gewaltanwendung kam es also nicht – aber auch in Newport sollte man vorsichtig sein – insbesondere, wenn man in „einfachere“ Clubs geht – in den gehobenen gibt es solche Probleme definitiv nicht – auf jeden Fall wurden wir nicht damit konfrontiert. In Cardiff und insbesondere auch auf dem Land gab es nie Probleme. Es kann aber trotzdem vorkommen, dass man schlecht behandelt wird oder gereizt auf die Herkunft reagiert wird. Davon sind unseren walisischen Begleitern auch einige Fälle bekannt gewesen. Aber es gibt auch absolut positive Reaktionen, sobald jemand bemerkt, dass man aus Deutschland kommt. Auf dem Zug von Cardiff nach London wurden wir beispielsweise von einem älteren Herrn (Mitte 80) angesprochen, ob wir Deutsche seien – wir bejahten dies und so erzählte er von seiner Zeit als britischer Soldat in Deutschland, von seiner Stationierung in Heidelberg und davon, dass er die Leute hasst, die einen Deutschen wegen seiner Herkunft angehen – er sagte, dass „das“ schon mehr als 50 Jahre her sei. Und genau so haben wir uns hier auch verhalten. Ãœbrigens: wenn man sich als Schweizer zu erkennen gibt, dann freuen sich alle – kein Witz!

Fazit

Cardiff ist eine Weltstadt und kann auf jeden Fall mit einer Vielzahl von anderen Städten ähnlicher Größe und mit Sicherheit auch mit vielen größeren Städten mithalten. Davon abgesehen prallen in Cardiff unterschiedliche Zeiten, Kulturen, Typen aufeinander. Dies macht die Stadt über die Maßen interessant – insbesondere, wenn man etwas „anderes“ erleben möchte, als man in Kontinental-Europa vor der Haustüre hat. Eine Reise nach Cardiff ist eine top Entscheidung! Wir würden jeder Zeit wieder dort hin und selbst zum Auswandern wäre diese Stadt noch interessant. Dieses besonders vielfältige Spektrum hat uns nachhaltig beeindruckt, so dass wir allen Besuchern nur viel Spaß in dieser wunderschönen Stadt wünschen können!